Monatsrückblick Juni

Es wird wieder gestreikt in Deutschland. Diesmal trifft es mich persönlich. Denn ich sitze im Auto und will voran. Doch es geht nicht vorwärts. Nun, das geht es im Moment nirgendwo so richtig. Hier ist jedenfalls die Ursache leicht erkennbar. Diesmal streiken die Erzieher. Oh – Entschuldigung, natürlich die ErzieherInnen. Schließlich ist das immer noch eine weibliche Domäne. Da hat Alice Schwarzer nicht richtig aufgepasst bei der Gleichberechtigung. Nun, das hat sie ohnehin nicht. Zwar hat sich die moderne Frau von den berüchtigten drei „K’s“ emanzipiert, aber im Kinderladen um die Ecke tauchen sie wieder auf. Nein, nicht die modernen Frauen, die geben dort nur ihre kleinen Monster ab. Ich meine die drei „K’s“. Nur heißen sie hier nicht Küche, Kirche und Kind sondern Kotze, Kacke und Krach. Genau damit sieht sich nämlich jeden Tag, Stunde um Stunde eine ganze Berufsgruppe von Erzieherinnen konfrontiert. Während Papi mit Wertpapieren rummacht, wischt eine fürsorgliche Hand das Erbrochene von Sohnemanns Schlabberlätzchen. Das bringt zwar nur einen Bruchteil von Papis Gehalt, stinkt aber um ein Vielfaches realer als die faulen Papiere.

Eine jüngst veröffentliche Studie besagt, dass Eltern ihren Kleinkindern zu viele Medikamente und Vitaminpillen geben. Viele junge Eltern wüssten gar nicht, dass man zum Beispiel mit Wadenwickel bei Fieber auch gute Ergebnisse erzielen kann. Wozu sollen sie das auch wissen? Schließlich gibt es doch dafür das Fachpersonal in der Krabbelgruppe. Da ist man doch froh, wenn man den kleinen Quälgeist tagtäglich auslagern kann. Da wird die Kindertagesstätte zu einer Art Bad Bank für faule, verwöhnte Wonneproppen.
Allerdings kann so ein Streik fatale Auswirkungen haben. Nur weil ein paar Erzieherinnen nicht zur Arbeit gehen, müssen jetzt Oma und Opa auf den süßen Fratz aufpassen. Nicht, dass die damit überfordert wären. Aber nur mal angenommen, Opas Sehkraft wäre nicht mehr die beste. Und nur mal angenommen, statt der Vitaminpillen gibt er dem kleinen Max aus Versehen eine dieser blauen Dinger, die Opa eigentlich für Oma braucht. Und nun muss Opa ganz woanders kühle Wickel einsetzen als an der Wade. Nicht auszudenken.

Jedenfalls frag ich mich, wie weit ist es schon gekommen in unserem Land. Wenn jetzt schon die sozialpädagogische Tigerenten-Fraktion so viel Mumm hat, Straßen mit Streiks zu blockieren, anstatt ihre Probleme bei einer Tasse Früchtetee auszudiskutieren. Das riecht nach Revolution…
In diesem Moment höre ich im Autoradio, wie Passanten befragt werden, was sie von diesem Streik halten. Frau F. aus L. meint, sie wäre richtig sauer und hätte überhaupt kein Verständnis dafür. Ihr Mann arbeite bei einer Bank und kämpfe um seinen Job. Und sie wüsste jetzt nicht wohin mit ihrem Kind.
Na prima, denke ich. Es mag ja sein, dass Herr F. zu Zeiten der Krise die Hosen genauso voll hat wie sein kleiner Prinz die Windel. Doch wenn Frau M. aus B. nicht dafür gesorgt hätte, dass Papis Bank überhaupt noch existiert, könnte Herr F. jetzt selbst auf seinen Schreihals aufpassen.
Während der Herr Papa in aller Ruhe seine Aktien hin- und herschiebt, schiebt nämlich sonst eine gut ausgebildete Fachkraft seinen Zögling im Kinderwagen hin- und her.
Vater und Mutter Staat haben mit Milliarden dafür gesorgt, dass das Finanzsystem nicht zusammenbricht. Nun könnten sie auch mal dafür sorgen, dass überlastete Erzieherinnen nicht zusammenbrechen.

Da werden angehende Zahnärzte und Anwälte im zarten Alter von drei Jahren im Buggy zum Englischkurs gekarrt, aber so einfache deutsche Wörter wie „Solidarität“ erreichen das Kleinhirn nicht. Nicht mal bei den Eltern. Ja genau, Solidarität. Und zwar mit denen, die weder Autos herstellen noch im Finanzsektor mit fiktiven Zahlen jonglieren. Jene, die sich um reale Menschen kümmern. Und die letztendlich auch dafür sorgen, dass Papi und Mami ihrer geregelten Arbeit nachgehen können, indem sie ihnen ihren Balg abnehmen.
Ich werde wütend und in dem Moment löst sich der Stau auf. Da sage noch mal einer, Autofahren mache aggressiv. So ein Quatsch. Es ist das Geseiere aus dem Autoradio, welches mir die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Und was sonst noch passierte in diesem Monat? Eigentlich nur Nebensächlichkeiten. Mario Gomez trifft wieder für die Nationalmannschaft. Der legale Menschenhandel mit Millionären ist wieder eröffnet worden. Ronaldo wurde an Madrid verkauft, Marin an den HSV und Kerner an Sat1.
In Europa sollen Wahlen stattgefunden haben. (Wobei ich mich schon frage, ob es nur ein Formfehler war, dass „Die Violetten“ mit einer Frau Blau angetreten sind.)
Die Grünen machten Werbung mit dem Schlagwort „Wums“. Soll heißen, Wirtschaft, Umwelt, menschlich, sozial. Was es auch immer heißen soll, für mich heißt es, welche Prioritäten sie setzen. Da kommt die Wirtschaft vor der Umwelt. Mal ganz abgesehn vom Sozialen oder Menschlichen. Naja mit „Smuw“ kann man halt nicht gut Werbung machen.
Und: der King of Pop ist tot. Kein Junge muss mehr Angst vor Michael Jackson haben. Der macht jetzt im Himmel Session mit Elvis, Janis Joplin, Jimi Hendrix und noch ein paar anderen. Ehre wem Ehre gebührt. Lass die Harfen klingen dort oben, hörst du, Michael!